Bildung und Digitalität. Und weitere Nebensächlichkeiten.

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Der Hochschullehrgang „KI und schulische Bildung“

Der Hochschullehrgang „KI und schulische Bildung“

An der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich bieten wir bereits seit dem Wintersemester 2024 den Hochschullehrgang „KI und schulische Bildung” an. Bei der Konzeption sind wir bewusst einen anderen Weg gegangen. Die Optimierung der eigenen Prompts ist bei diesem HLG nicht das primäre Ziel. Vielmehr wollen wir…

Pfadabhängigkeiten, oder: Digitale (Grund)bildung locked in

Pfadabhängigkeiten, oder: Digitale (Grund)bildung locked in

Was ist eine Pfadabhängigkeit?

Pfadabhängigkeit bedeutet, dass frühere Entscheidungen und Entwicklungen künftige Ereignisse stark beeinflussen – auch dann, wenn diese Entscheidungen mittlerweile nicht mehr als ideal angesehen werden können und ggf. zu einem Lock-In-Effekt führen.

Ein Beispiel dafür ist die Entwicklung unterschiedlicher Normen für Steckdosen in verschiedenen Ländern. Daraus folgt, dass wir heute mit Reisesteckern unterwegs sind und zu Geräten mehrere Stromkabel beigepackt werden, von denen bis auf eines alle gleich nach dem Auspacken im Müll landen.

Ein weiteres Beispiel ist die QWERTY Tastatur. Sie wurde in den 1860er-Jahren von Christopher Latham Sholes entwickelt – einem der Erfinder der ersten kommerziellen Schreibmaschine. Dabei ging es nicht darum, besonders schnell zu tippen, sondern Ziel war es, das Verhaken der Typenhebel bei schnellem Tippen zu vermeiden. Als sich die QWERTY-Tastaturen einmal etabliert hatten, blieben sie aus Bequemlichkeit und Kompatibilität erhalten – trotz später entwickelter effizienterer Layouts wie z. B. Dvorak oder Neo. Ein geradezu klassisches Beispiel für Pfadabhängigkeit, bzw. des Lock-In-Effekts.

Das Fach Digitale Grundbildung

Mit der Einführung der verbindlichen Übung im Jahr 2018 wählte man als Fachbezeichnung für das neue Fach Digitale Grundbildung. Auch das Pflichtfach wurde ab 2022 so bezeichnet. Mit der Überarbeitung der Oberstufenlehrpläne geht jetzt u.a. der Vorschlag einher, das Fach in der AHS-Oberstufe in Folge Digitale Bildung zu bezeichnen. Das ist ein weiteres sehr schönes Beispiel für eine Pfadabhängigkeit.

Digitale (Grund)Bildung ist kein eigenständiger Fachbereich mit klar umrissenen Inhalten und Methoden, wie es etwa die Mathematik oder die Biologie sind. Es besteht eine begriffliche Unschärfe zwischen Bildungszielen und Bildungsinhalten. Digitale (Grund)Bildung beschreibt letztlich eher ein Ziel – nämlich, Schüler*innen zu befähigen, in einer digital geprägten Welt souverän und verantwortungsvoll zu handeln. Aber Bildungsziele taugen mäßig gut für Fachbezeichnungen. Ein Schulfach braucht konkrete Inhalte, Kompetenzen und didaktische Zugänge – und genau das lässt der Begriff vermissen.

Bereits 2018 haben wir uns damit in einem Beitrag beschäftigt:

Der Begriff digitale Bildung wird mittlerweile ebenso häufig verwendet, jedoch gibt es dazu keine einheitliche Definition, die auf breite Akzeptanz stößt. (…) Es muss darauf hingewiesen werden, dass es sowohl verschiedene Begriffe von Bildung gibt als auch jener der Digitalisierung nicht klar in seiner Bedeutung ist (Manovich, 2002, S. 42; Raunig & Höfler, 2018). Legt man ein Verständnis von Bildung zugrunde, bei dem Bildung in einem umfassenden Sinn als „Person-Bildung“ (z. B. bei Kant, Humboldt, Klafki) verstanden wird, ist die Zieldimension des Bildungsprozesses ein mündiger Mensch, der zum autonomen Denken und Handeln befähigt ist (Rath & Köberer, 2014). Bildung schließt dabei immer auch die aktive und kritische Auseinandersetzung mit Werten ein (Wiesner, Schreiner, Breit & George, 2018).

Brandhofer, G., Baumgartner, P., Ebner, M., Köberer, N., Trültzsch-Wijnen, C., & Wiesner, C. (2019). Bildung im Zeitalter der Digitalisierung. In S. Breit, F. Eder, K. Krainer, C. Schreiner, A. Seel, & C. Spiel (Hrsg.), Nationaler Bildungsbericht Österreich 2018, Band 2: Fokussierte Analysen und Zukunftsperspektiven für das Bildungswesen (S. 307–362). Leykam. https://www.bifie.at/nbb2018/

Was ist der Inhalt des Faches? Wie soll es demnach heißen?

So unterschiedlich die Konzepte und Lehrplanentwürfe auch sind, es geht immer um Medien (-erziehung, -bildung, -kompetenz, -souveränität, -whatever) und Informatik. Naheliegend wäre es daher auch, das Fach schlicht Medien und Informatik zu benennen, sowohl in der Sekundarstufe I als auch in der Sekundarstufe II. Wären da nur nicht die Pfadabhängigkeit und die früheren Entscheidungen.

Es tun sich zwei Optionen auf: entweder man führt den gewählten Weg bei der Namensgebung fort oder aber man durchbricht die Pfadabhängigkeit. Medien und Informatik wäre jedenfalls gut kompatibel zu Technik und Design, Kunst und Gestaltung, etc. Auch die Bezeichnungen von Wahlpflichtfächern wie Mediengestaltung oder Informatik wäre gut ableitbar. Und dass man an einer Universität ein Fach namens Informatik studieren kann, schadet in diesem Zusammenhang auch nicht.

Wenn man in Österreich bis vor einigen Jahren mit den Schüler:innen den Weg zu schlecht belüfteten Umkleideräumen ging, so besagte der Stundenplan, dass die Leibesübungen anstehen, ein seltsamer, aus der Zeit gefallener Begriff. Das war auch der Grund, warum dieser vor einigen Jahren durch Bewegung und Sport ersetzt wurde. Die Leitmedientransformation und die Etablierung einer Kultur der Digitalität werden Fachbezeichnungen wie Digitale (Grund)bildung binnen kurzer Zeit ebenso antiquiert erscheinen lassen. Überlegen wir uns genau jetzt bessere, nachhaltigere und treffendere Bezeichnungen. Soviel als Denkanstoß.

fnma Studie: Von KI lernen, mit KI lehren: Die Zukunft der Hochschulbildung.

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Didaktik in einer Kultur der Digitalität

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